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Zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Dem Projekt der Gründung der Sexualwissenschaft um die Jahrhundertwende ging ab 1850 eine auf "Naturbeobachtungen" aufbauende Phase der Thematisierung "sexueller Abweichungen" in unMittelbarem Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Geschlechterdiskussion voraus. Zunächst "abweichende" und, ab 1900, "normale" Sexualität wurden von der Psychiatrie und der Emanzipationsbewegung Homosexueller sowie der Frauenbewegung gleichzeitig thematisiert, aber verschieden interpretiert und politisiert.

Um 1900 wurde der Begriff Sexualwissenschaft geprägt, Publikationsorgane wurden geschaffen sowie erste sexualreformerische LaienOrganisationen gegründet. Vor Dem Ersten Weltkrieg setzte eine GründungsPhase konkurrierender Sexualwissenschaftlicher Organisationen im Spannungsfeld von aufklärerischen und sexualreformerischen Bestrebungen einerseits und strenger "entpolitisierter" AkaDemisierung andererseits ein.

1919, nach Gründung der Weimarer Republik, realisierte Magnus Hirschfeld seinen Wunsch, ein Institut für Sexualwissenschaft zu eröffnen. Es diente wissenschaftlichen, praktischen, aufklärerischen und politischen Zielen. Die Institutsgründung war der erste und bis nach Dem Zweiten Weltkrieg letzte Versuch der akaDemischen Etablierung der Sexualwissenschaft. Mit einer naturwissenschaftlichen Argumentation verbanden die Mitarbeiter des Instituts Sexualwissenschaft und Sexualpolitik, eine Strategie, die in bezug auf die Entkriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen trotz vieler Aktionen und Bündnisse erfolglos blieb. Bereits ab Mitte der zwanziger Jahre verlagerte die Gründergeneration der Sexualwissenschaft ihre Aktivitäten von der Forschungsarbeit immer stärker auf die Sexualreform. Diese allgemeine Entwicklung deutet auf eine Stagnation des Projektes der Etablierung einer Sexualwissenschaft vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Das Institut wurde am 6. Mai 1933 geplündert und geschlossen, die Mitarbeiter ins Exil getrieben und Teile der umfangreichen Bibliothek symbolisch auf Dem Berliner Opernplatz verbrannt. Die Sexualwissenschaftlichen und -reformerischen Fach- und LaienOrganisationen stellten ihre Arbeit ein oder paßten sie der nationalsozialistischen Ideologie an.

[QuelleHirschfeld]

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